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Obwohl viele Schlagzeilen in diesem Jahr eher negativ sind, gibt das Jahr 2018 auch einigen Anlass zur Freude – zumindest hinsichtlich des Arbeitsmarkts. Alexander Garret hebt das Positive hervor.
1. Die Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern wurde aufgedeckt
Das Vereinigte Königreich und Deutschland haben Gesetze verabschiedet, die Unternehmen dazu verpflichten, die Mitarbeiter über Gehaltslücken zwischen Mann und Frau zu informieren. Die Berichte werden für alle Mitarbeiter veröffentlicht. «Die Gehälter von Kollegen sind in Deutschland immer noch ein Tabuthema», erklärte die ehemalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und derzeitige Ministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Katarina Barley.
Die ersten Ergebnisse aus Grossbritannien(1) stellten keine Überraschung dar: Bei fast acht von zehn Arbeitgebern verdienen Männer mehr als Frauen. Die durchschnittliche Differenz für alle Arbeitnehmer lag bei stolzen 9,8 %.
Die weltweiten Auswirkungen der Gehaltslücke sind selbstverständlich immens. Im Mai deckte die Weltbank in einem Bericht(2) auf, dass die Gehaltslücke zwischen Geschlechtern die Weltwirtschaft pro Jahr 160 Billionen US-Dollar kostet. «Eine gleiche Bezahlung, Arbeitszeit und Beteiligung am Arbeitsmarkt könnte den weltweiten Wohlstand um 23’620 US-Dollar steigern und zur Bekämpfung gewaltiger Probleme beitragen, darunter Hunger und Kindersterblichkeitsrate», hiess es im Bericht.
Dieser Bericht hat die Diskussionen um Programme und Richtlinien neu angefacht, die Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt, zu grundlegender Infrastruktur, zu Finanzdienstleistungen und zu Grundbesitz erleichtern könnten. «Frauen wird immer deutlicher bewusst, dass sie ein Recht auf gleiche Gehälter haben, und sie lassen sich keinen Maulkorb mehr anlegen», berichtet Sam Smethers, Vorsitzender der Fawcett Society, der führenden gemeinnützigen Organisation Grossbritanniens für Geschlechtergleichheit und Frauenrechte. «Durch die Offenlegung der Gehälter ihrer männlichen Kollegen sind sie in einer stärkeren Position, um gegen Ungleichheiten zu protestieren.»
Steigerung der Produktivität: Wenn Frauen gewinnen, gewinnen wir alle. Durch die Schliessung der Gehaltslücke wird die Produktivität erhöht, da der Pool an Arbeitskräften und die Diversität gesteigert werden. Diese Faktoren wirken sich nachweislich(3) auf den Gewinn von Unternehmen aus.
2. Grünanlagen sind fester Bestandteil von Bürogebäuden geworden
Schreibtischpflanzen sind Schnee von gestern – Im Jahr 2018 fiel der Startschuss für die gross angelegte Einführung von Grünanlagen in Bürokomplexen. Dadurch sollen das Wohlbefinden und die Produktivität verbessert werden.
Bei der Fertigstellung des ApplePark, dem neuen Hauptsitz von Apple in Cupertino, Kalifornien, im Februar 2018 umfasste die Anlage auch Aprikosenhaine und über 9’000 neu gepflanzte Bäume. Das neue Londoner Hauptquartier von Google, dessen Bauarbeiten 2018 beginnen, wird bei der Fertigstellung 300 m lange Dachterrassen mit Teichen, Grünanlagen und Sträuchern bieten.
Im Rahmen eines neuen Zwei-Turm-Projekts von Make Architects in London wird die grösste neue Gartenanlage der City of London seit dem Bau des Barbican Centre im Jahr 1982 entstehen. Darüber hinaus richten immer mehr Unternehmen auf eigene Kosten Grünanlagen für ihre Mitarbeiter ein(4).
Laut Danica-Lea Larcombe, Doktorandin an der australischen Edith Cowan University, wird durch Pflanzen im Büro sowohl die Anzahl der Krankheitstage als auch die Stressbelastung verringert. «Im Idealfall reinigen die Pflanzen die Luft von Pathogenen, verbessern den Bakterienhaushalt im Büro und halten auch bei schlechter Beleuchtung und geringem Pflegeaufwand für einen langen Zeitraum.»
Steigerung der Produktivität: Die Verschönerung von Arbeitsbereichen mit Pflanzen oder anderen Elementen kann sich nachweislich auf den Gewinn von Unternehmen auswirken, betont Dr. Craig Knight von der University of Exeter(5). Nachdem sein Forschungsteam Pflanzen im Wert von 10’000 £ in den Büros von vier der grössten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften von London aufgestellt hatte, verzeichneten diese einen Anstieg der Produktivität um etwa 15 %.
Studien haben ergeben, dass ein entspannender Arbeitsplatz Freude bei der Arbeit schafft
3. Arbeitsplätze sind entspannender geworden
Die Tage von strengen Dresscodes und Regeln zum Erscheinungsbild der Mitarbeiter sind allem Anschein nach vorbei. Eine Umfrage der britischen Hotelgruppe Travelodge ergab, dass mittlerweile nur noch einer von zehn Büroangestellten einen Anzug trägt.
Sogar die Kleiderordnung «Business Casual», die in den 80ern im Silicon Valley in Mode war, wird inzwischen durch «Casual Casual» ersetzt. Auf beiden Seiten des Atlantiks sind heutzutage sogar Yoga-Hosen angesagt. Diese hautengen Leggings in Leder- oder Reiteroptik sind mittlerweile nicht nur von Modezeitschriften abgesegnet(6), sondern gelten auch als vollkommen angemessen für den Büroalltag.
Ein PWC-Bericht(7) führt dies auf den wachsenden Einfluss der Millenials in der Arbeitswelt zurück. Diese Bevölkerungsgruppe fühlt sich in steifen Unternehmensstrukturen eher unwohl, heisst es im Bericht. Diese Generation zieht einen flexiblen Arbeitsansatz fort und hat als Arbeitnehmer ähnliche Ansprüche wie als Verbraucher.
Die Veränderungen sind jedoch nicht nur bei der Kleiderordnung spürbar. Im Zuge einer entspannteren Grundhaltung wurden während der Fussball-Weltmeisterschaft 2018 im Juni und Juli etliche Fussballbegeisterte von ihren Arbeitgebern freigestellt, um die Spiele sehen zu können. Ein weiterer Beweis dafür, dass die strikte Förmlichkeit am Arbeitsplatz langsam aber sicher auf dem Rückzug ist, ist die Adaption der britischen Satiresendung The Office für Indien. In der Serie werden die streng hierarchischen Arbeitsstrukturen des Landes auf die Schippe genommen.
Steigerung der Produktivität: Ein entspannender Arbeitsplatz schafft Freude bei der Arbeit. Studien der University of Warwick(8) haben gezeigt, dass Freude am Arbeitsplatz zu einer um 12 % höheren Produktivität führt. Unglückliche Arbeitnehmer arbeiten hingegen um 10 % weniger produktiv.
4. Flexible Arbeitsbereiche erleben einen Aufschwung
Aus dem Bericht «Coworking»(9) von Cushman & Wakefield geht hervor, dass flexible Arbeitsbereiche mittlerweile fast 20 % der neuen Büromietverträge in London ausmachen. Auch im übrigen Vereinigten Königreich wächst die Zahl der flexiblen Arbeitsbereiche rasant an.
Auch weltweit ist der Markt in einem starken Wachstum begriffen. Bis Ende 2018 werden laut der Global Coworking Survey(10) von Deskmag etwa 1,7 Millionen Menschen weltweit in Coworking-Bereichen arbeiten.
Die EMEA Occupier Survey(11) von CBRE berichtet, dass Unternehmen flexible Bürobereiche zunehmend als Schlüsselelement ihrer Portfolios betrachten und diese in den nächsten Jahren stärker nutzen wollen als aktuell. «Innovation und Talent werden immer häufiger als Gründe für die Anmietung flexibler Arbeitsbereiche genannt», heisst es weiter.
Steigerung der Produktivität: Es gibt viele Anzeichen dafür, dass Produktivität in direktem Zusammenhang mit flexiblen Arbeitsbereichen steht(12). So zeigen zahlreiche Studien(13), dass Menschen, die ihren Arbeitsplatz mögen, produktiver sind.
5. KI-Anwendungen ermöglichen smartes Arbeiten
Zugegeben, die Revolution der Maschinen steht uns noch nicht bevor. Nichtsdestotrotz verändern neue Produkte und Prototypen nach und nach auch die alltäglichsten Aufgaben im Büro.
Chatbots werden immer allgegenwärtiger, besonders im Marketing und im Kundendienst. AlterEgo, eine neue Schnittstelle(14), die von Forschern am MIT entwickelt wurde, kann sogar ein Diktat aufnehmen, ohne dass Sie dafür laut sprechen müssen.
Das System setzt sich aus tragbaren Geräten und einer Software für maschinelles Lernen zusammen. Elektroden empfangen neuromuskuläre Signale im Kiefer und Gesicht, die durch Wörter ausgelöst werden, die Sie «in Ihrem Kopf» sagen. Auf diese Weise könnten Sie auch in der ruhigsten Büroumgebung oder sogar während einer Besprechung mit Ihrem Computer «reden».
Mit den Pixel Buds-Kopfhörer von Google(15) können Sie Ihr Gespräch ausserdem in Echtzeit in 40 verschiedene Sprachen übersetzen. Die Buds werden seit Anfang 2018 ausgeliefert und sind laut Google ein persönlicher Übersetzer, der ständig an Ihrer Seite ist.
Steigerung der Produktivität: Da KI die banalen und repetitiven Tätigkeiten übernimmt, können sich die Menschen kreativen Aufgaben zuwenden, komplexe Probleme lösen und sich auf die wirklich wichtigen Aufgaben konzentrieren, prophezeit der intelligente Service Desk Spoke(16).
Alexander Garrett ist freier Journalist aus Grossbritannien und schreibt für die britische Presse über verschiedenste Wirtschaftsthemen.
Quellen:
(1) https://www.gov.uk/government/news/100-of-uk-employers-publish-gender-pay-gap-data
(2) https://openknowledge.worldbank.org/bitstream/handle/10986/29865/126579-Public-on-5-30-18-WorldBank-GenderInequality-Brief-v13.pdf?sequence=1&isAllowed=y
(3) http://fortune.com/2017/01/18/leadership-diversity-bottom-line-career-advice/
(4) https://www.theguardian.com/small-business-network/2018/feb/19/gardening-leave-why-are-offices-turning-into-botanical-spaces
(5) https://www.theguardian.com/small-business-network/2018/feb/19/gardening-leave-why-are-offices-turning-into-botanical-spaces
(6) https://www.vogue.co.uk/gallery/leggings-fashion-trend-2017
(7) https://www.pwc.com/m1/en/media-centre/articles/winning-the-hiring-war-for-millenials.html
(8) https://www.fastcompany.com/3048751/happy-employees-are-12-more-productive-at-work
(9) http://www.cushmanwakefield.co.uk/en-gb/research-and-insight/2018/coworking-2018
(10) http://www.deskmag.com/en/background-of-the-2018-global-coworking-survey-market-research
(11) https://www.cbre.nl/en/research-and-reports/EMEA-Occupier-Survey-2018
(12) https://www.iwgplc.com/WorkspaceRevolution/Index
(13) https://www.forbes.com/sites/jacobmorgan/2015/12/03/how-the-physical-workspace-impacts-the-employee-experience/#6ac1df0779ea
(14) http://news.mit.edu/2018/computer-system-transcribes-words-users-speak-silently-0404
(15) https://support.google.com/googlepixelbuds/answer/7573100?hl=en-GB
(16) https://www.information-management.com/opinion/how-artificial-intelligence-will-replace-todays-it-service-desk